Wie sieht es in der Realität damit in den Kitas, im Hort, in den Schulen und Pflegeheimen aus?“ diskutierte der SPD-Ortsverein Feucht.
Auf dem Podium saßen namhafte Vertreter der angesprochenen Bereiche Rede und Antwort.
Der Kontrast von Arm und Reich: 2,5 Millionen Minderjährige in Deutschland, die unter der Armutsgrenze leben und Superreiche, die der Meinung sind, Hartz IV Empfänger seien zu faul zum Arbeiten. Diesem drastischen Unterschied und der Frage nach ausreichend sozialer Gerechtigkeit in Bayern widmete der SPD-Ortsverein Feucht eine Podiumsdiskussion mit zahlreichen namhaften Vertretern aus Kita, Schule und Pflege im Foyer der Reichswaldhalle.
MGR Ernst Klier zeigte als Einstieg in die Thematik den Kurzfilm „Die verwahrloste Republik“, der nachdrücklich und gekonnt das Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland thematisierte.
MdL Monika Weikert (SPD) moderierte das Podium und stellte den geladenen Akteuren aus Kita, Schule und Pflege die Frage nach dem aktuellen „Ist-Stand“ - Wie sieht der Alltag und die damit verbundenen Probleme der einzelnen Bereiche aus? Inwiefern sind die Kitas betroffen? Welche Probleme gibt es in den Schulen, und wo liegen Schwierigkeiten im Pflegebereich?
Gerhard Lauerbach vom evangelischen Kita-Verband Bayern bedauerte, dass es momentan einen Trend zu „Elitekindergärten“ gebe, die trotz Elternbeiträgen zwischen 800 € und 1000 € monatlich pro Kind dennoch eine staatliche Förderung kassieren. „Normale“ Kitas jedoch könnten jeden Cent mehr an Förderung dringend gebrauchen. Auf die Kindertagesstätten sei in den vergangenen Jahren außerdem ein erhebliches Maß an Mehrarbeit im Bereich sozialer Beratung hinzugekommen, so Lauerbach. Ohne, dass dieses „Serviceangebot“ finanziell gefördert oder unterstützt werde, verwenden Erzieher mittlerweile sehr viel Zeit extra, um die Nachfrage hier erfüllen zu können. Umso mehr sei es daher eine kaum zu ertragende Tatsache, dass viele Erzieher mit ihrem monatlichen Einkommen nicht oder nur schlecht über die Runden kommen. Viele seien dazu gezwungen, so Lauerbach, am Wochenende oder abends noch Geld dazu zu verdienen. Statt künftig Betreuungsgeld an die Eltern zu bezahlen, sollte eher an einer gerechteren Bezahlung für die Erzieher und einer dringenden Verbesserung des Rufes dieses Berufsstandes in der Öffentlichkeit gearbeitet werden.
Gerd Gronauer, Vorsitzender des BLLV Mittelfranken, sprach offen die Probleme im schulischen Bereich an: In Bayern gebe es häufiger als irgendwo sonst einen großen Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft. Die frühe Selektion nach der vierten Jahrgangsstufe baue einen enormen Druck auf Schüler, Lehrer und das ganze Umfeld auf, so Gronauer. Er berichtete von Kinder- und Jugendpsychologen, die sich seit Einführung der sechsstufigen Realschule vor Patientenanfragen kaum retten können, weil viele Kinder im Alter von 9-10 Jahren dringend therapiebedürftig seien und Burnout-Syndrome aufwiesen. Gronauer wies außerdem auf die Inklusion als neue Herausforderung aller Schulen hin. Laut des bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) wird festgelegt, dass Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam in Schulen aller Schularten unterrichtet werden können. Die angedachte stundenweise Unterstützung durch die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste als Hilfestellung ist hierfür aber bei Weitem nicht ausreichend. Die Schulen müssen auf diese Aufgabe besser vorbereitet werden und es müssen zusätzliche äußere Rahmenbedingungen für das Gelingen dieses Vorhabens geschaffen werden: Kleinere Klassen, mehr Lehrerstunden und gründlichere Vorbereitung in den Schulen selbst, seinen hier nur die wichtigsten Kernpunkte, so Gronauer. „Eine kindgerechte Schule und keine schulgerechten Kinder“ sei hier die wünschenswerte Entwicklung, so der BLLV-Vorsitzende aus Mittelfranken.
Vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe Südost sprach Wolfgang Falch auf dem SPD-Podium. Flach kritisierte den schlechten Ruf, den sein Berufsstand in der Öffentlichkeit genieße und er machte darauf aufmerksam, dass 98% der Gelder im Krankenkassensystem für Krankheit aufgewendet würden, besser sei es jedoch, das Geld in die Gesundheit, und somit in die Prävention von Krankheit, zu stecken. Falch forderte für den Pflegebereich punkto Ausbildung eine Akademisierung im richtigen Maße, um gerechtere Löhne und einfachere Spezialisierungsmöglichkeiten zu schaffen. In der Pflege werden in den kommen Jahren enorm viele Beschäftigte gesucht – man sollte den Arbeitnehmern also unbedingt positive Anreize bieten, diese Berufe auch zu ergreifen.
Michael Groß von der Caritas im Nürnberger Land merkte an, dass nicht immer mehr Geld in das System gepumpt werden sollte, sondern dass man das Geld generell gerechter verteilen müsste. Außerdem sei eben dort die Verantwortung, wo auch das Kapital sei, so Groß.
Ines Stelzer
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