Ein Pflegefall zu sein - ein Alptraum, und doch wird er möglichst verdrängt, solange man gesund ist. Aber durch Unfall, Krankheit oder Alter kann man unvermittelt selbst oder als Angehöriger betroffen sein. Wie geht es dann weiter? Auf Einladung von Inge Jabs, SPD-Kreisrätin und 2.Vorsitzende der AWO Feucht, referierte Roland Jobst, der im Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) in Bayern im Ressort Grundsatzfragen arbeitet, über die komplizierten Zusammenhänge der Pflegeversicherung. Wer entscheidet eigentlich ob und in welche Pflegestufe man eingeordnet wird? Welche Leistungen erhält man dann? Welche Neuerungen gelten seit Januar 2013? Und viele weitere Fragen bewegten die zahlreichen Besucher in der bis auf den letzten Platz gefüllten Begegnungsstätte der AWO Feucht, in der sich auch zahlreiche Mitglieder der AG60plus der Feuchter SPD eingefunden hatten.
In seinem präzise strukturierten Vortrag erläuterte Roland Jobst die gesetzlichen Grundlagen und den Ablauf der Einstufung in eine Pflegestufe und die daraus resultierenden Leistungen der Pflegeversicherung dar. Die Leistungen der Pflegekasse können reine Geldleistungen, Sachleistungen (wie z.B. die Tätigkeit eines Pflegedienstes) oder die Kombination beider Arten von Leistungen sein. Die Einstufung erfolgt durch eine Begutachtung durch den MDK. Ihr liegen bundeseinheitliche Richtlinien zugrunde. Herr Jobst hob zu Beginn hervor, dass beim MDK in Bayern der Anteil der Gutachter, die aus dem Pflegebereich kommen, sehr hoch sei, was der Qualität der Begutachtung dient. Diese können oft aus ihrer Erfahrung eine Pflegebedürftigkeit besser einschätzen als reine Mediziner.
Der Referent legte den im Sozialgesetzbuch XI niedergelegten Begriff der Pflegebedürftigkeit dar, der manche kritische Frage aufwirft. Weil z. B. die Hilfsbedürftigkeit in erheblichem oder höherem Maße bestehen muss, werden für die Einstufung in die verschiedenen Pflegestufen die Minuten gezählt, die von der pflegenden Person z. B. für die Hilfe beim Waschen und Baden, Ankleiden und der Nahrungsaufnahme und ähnliches aufgewendet werden. Roland Jobst betonte die Schwierigkeiten, die mit diesen Feststellungen verbunden sind. Er empfahl deshalb allen pflegenden Angehörigen über ihre Hilfstätigkeiten Aufzeichnungen anzulegen, die sie bei der Begutachtung vorlegen können. Ebenso empfahl er, für den Gutachter z. B. die Berichte über einen Krankenhaus- oder Reha-Aufenthalt, ärztliche Atteste bereit zu halten. Er riet den Anwesenden auch bei Fragen das Gespräch mit der Kranken- oder Pflegekasse zu suchen. Eindringlich gab er den Rat „Reden Sie mit der Kasse, wenn Sie Fragen haben, Probleme sehen oder sich unsicher sind“, weil auf diesem Weg mancher Streitpunkt vermieden und eine gemeinsame Lösung gefunden werden kann.
Zum Abschluss ging der Referent auf die Neuerungen durch das Pflegeneuausrichtungsgesetz ein, dessen Regelungen zum 1. Januar 2013 greifen und das manche Verbesserung mit sich bringt. So entfällt für den Bezug einer Leistung die Wartezeit. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Bearbeitung seines Antrags innerhalb von fünf Wochen. Eine Neuerung ist die Einführung einer Pflegestufe Null, die Leistungen der Kassen bei einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz der betroffenen Person ermöglicht, ohne dass die Person schon pflegebedürftig sein muss. Mit diesen Regelungen will das Gesetz die häusliche Pflege stärken, um der Personalknappheit in den vollstationären Einrichtungen entgegen zu wirken.
Die Ausführungen von Roland Jobst fanden die ungeteilte Aufmerksamkeit der Anwesenden und die von einigen Teilnehmern gestellten Fragen vertieften die erhaltenen Informationen. Inge Jabs bedankte sich im Namen der Anwesenden und im Namen der AWO Feucht und der AG 60pus der SPD Feucht bei Herrn Jobst für den hervorragenden Informationsgehalt der Veranstaltung.
Friedemar Heinze