Die SPD Feucht hatte Kulturschaffende aus unserer Gemeinde zu einem Gespräch mit Thorsten Schäfer-Gümbel, den Vorsitzenden des Kulturforums der Deutschen Sozialdemokratie, der auch stellvertretender Vorsitzender der Bundes SPD sowie Landes - und Fraktionsvorsitzender der Hessen SPD ist. Die Ortsvereinsvorsitzende Inge Jabs konnte zu diesem Gespräch Dr. Brigit Friedel vom Musikbund Feucht, Reinhard Eiber, Leiter der Studienwerkstätte für die Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg und vorher lange Jahre freiberuflicher Künstler, und als Hausherren im Cafe Bernstein und langjährigen Vorsitzenden des Themenkunstvereins Hans Strauss begrüßen.
Als erstes ließ der Moderator des Gesprächs Hannes Schönfelder einen Nichtanwesenden zu Wort kommen: Per Videoeinspielung äußerte sich der Feuchter Buchhändler Karl Kuhn zur Frage der Buchpreisbindung und zur Rolle von Amazon. Würde die Buchpreisbindung in Deutschland fallen, ginge dies sehr schlecht für die örtlichen Buchhändler aus - nur etwa ein Drittel der Buchhandlungen würde überleben. Der Wegfall der Buchpreisbindung würde auch die Vielfalt im Verlagswesen und im Buchangebot empfindlich treffen. Er beklagte auch den unlauteren Wettbewerb, den die Buchhändler durch Amazon ausgesetzt sind: eine Firma, die die deutsche Infrastruktur nutzt, aber kaum Steuern in Deutschland bezahlt, hat im Gegensatz zu den Buchhändlern vor Ort in einen unberechtigten Vorteil. Er appellierte an die Politik dagegen vorzugehen. Wie sein Beispiel zeigt, verkaufen Buchhändler nicht nur Bücher, sie beraten, sie veranstalten Lesungen und organisieren Lesewettbewerbe und mehr. Thorsten Schäfer-Gümbel bekräftigte, dass die SPD uneingeschränkt an der Buchpreisbindung festhält, weil ihr Wert für das Buch und die Lesekultur nicht noch genug veranschlagt werden kann. Die Notwendigkeit des Buchhandels und der Leseförderung ist bei etwa 7 Millionen funktionalen Analphabeten in Deutschland, die zwar einzelne Worte lesen könnten, aber den Sinn von Texten nicht erfassen könnten, und jährlich etwa 150.000 Schulabgänger mit dem gleichen Handikap unbestritten. Er empfahl, zuhause mit Kindern zu lesen. Karl Kuhns Kritik an Amazon stimmte er in vollem Umfang zu. Er bedauerte, dass immer noch Staaten aus egoistischen Motiven bereit sind, Unternehmen unberechtigte Steuer- und damit Wettbewerbsvorteile verschaffen.
Dr. Birgit Friedel, die Vorsitzende des Musikbunds Feucht, sieht ihre Aufgabe darin, Künstler unterschiedlicher Richtungen vor Ort zusammenzubringen. "FkK - Feucht kann Kultur“ ist ein erfolgreicher Ansatz dazu. Das erfordere viel ehrenamtliche Arbeit. Daher appellierte sie an die Politik, das Ehrenamt besser zu fördern. Thorsten Schäfer-Gümbel sieht angesichts der Zunahme ehrenamtlich Tätiger das Problem weniger in der Förderung des Ehrenamtes bezogen auf die einzelne Person als in einer Krise der institutionellen Vereinsstrukturen, in denen traditioneller Weise ehrenamtliche Tätigkeit ausgeübt wird. So finden sich immer öfter keine Freiwilligen mehr, die Funktionen als Vorstände, Kassenwarte o.ä. übernehmen wollen, obwohl die Zahl der Menschen gestiegen ist, die ehrenamtlich tätig sind. Er hält es für wichtig, die Infrastruktur für ehrenamtliche Tätigkeit zu verbessern. Als ein gutes Beispiel dafür nannte er die Stadt Wiesbaden. Sie bietet allen Vereinen tatkräftige Unterstützung bei der Erledigung der Verwaltungsarbeiten an, die durch die Vereinsorganisation anfallen, z. B. bei der Erstellung und Abgabe der Steuererklärung. Das ist eine wirksame Hilfe für Vereinsfunktionäre und entlastet sie von Bürokratie.
Reinhard Eiber, der an der Akademie viel mit jungen Künstlern arbeitet, Wandel der künstlerischen Tätigkeit fest. Früher produzierte der Künstler etwas, das er verkaufen konnte: Bilder oder Skulpturen, das heißt Ware gegen Geld. „Jetzt gibt es andere Kunstformen als eine Figur auf einem Sockel zu stellen“, berichtete Eiber. Jetzt sind es sehr oft Projekte, Vergängliches, Events oder Sperriges, was kein Privater mehr kaufen kann, was die Kunstschaffenden und den Kunstmarkt vor Herausforderungen stellt. Darauf muss auch die Kulturförderung reagieren.
Der Feuchter Themen-Kunstverein möchte "Kunst für alle“ bieten - für alle Künstler und für alle Bürger, führte Hans Joachim Strauss als langjähriger Vorsitzender aus. Etwa 50 Künstler sind engagiert und machen etwa acht Ausstellungen pro Jahr. Die Öffentlichkeitsarbeit funktioniert dank der lokalen Presse vor Ort sehr gut, lobte er, überregional könnte es aber besser sein. Auf den Themenkunstverein kommt bald ein Problem zu. Er braucht ein neues Haus, falls das Café Bernstein nicht mehr zur Verfügung steht. Da ist die Kommune gefordert. „Ehrenamt funktioniert nur, wenn man es unterstützt“, ist seine Erkenntnis und er stellte fest dass es Einzelpersonen daran nicht fehlen lassen, anders dagegen die politischen Institutionen. Dieser Einschätzung setzte der Vorsitzende des Kulturforums Thorsten Schäfer-Gümbel die Feststellung entgegen, dass mehr als 50 % der Kulturförderung von den Kommunen geleistet werden. Ein Problem besteht allerdings darin, dass die Kulturförderung eine freiwillige Leistung der Kommunen ist und daher immer unter Druck steht, wenn es Kommunen finanziell nicht gut geht. Pflichtaufgaben wird der Vorrang eingeräumt und die Förderung zieht dann den Kürzeren.
Auf die Rolle der GEMA angesprochen relativierte Thorsten Schäfer-Gümbel die oft an ihr geäußerte Kritik. Ihre Aufgabe ist die Sicherung der Finanzierung von künstlerischer Leistung, die manchmal allerdings bürokratische Stilblüten treibt.
Als Vorsitzender des Kulturforums der deutschen Sozialdemokratie sieht Thorsten Schäfer-Gümbel die Aufgabe, Kultur zu verbreiten: Kultur für alle - Kultur von allen. Das Kulturforum dient der Vermittlung zwischen Künstlern und der SPD, macht Bildungsarbeit, beschäftigt sich mit der Digitalisierung und den Arbeitsbedingungen der Kulturschaffenden. An 35 Orten ist das Kulturforum regional vertreten und führt eigene Aktionen durch, berichtete er.
Lothar Trapp